Perfektion: Wo sie Sinn ergibt – und wo nicht
Lieber unpferkt starten, als perfekt warten. Kennst du diesen Spruch? Fällt dir daran etwas auf?
Während ich den Text hier schreibe, wird das Wort unperfekt rot unterstrichen. Denn: Das Wort unperfekt gibt es nicht. Es steht nicht im Duden, weil es kein grammatikalisch richtiges Wort ist.
Ich war ziemlich überrascht, als ich das vor Kurzem erfahren habe. Denn mir war das bis dahin nicht bewusst – weil es eben doch verwendet wird, umgangssprachlich oder als kreatives Wort. Wenn man es bei Google eingibt, findet man auch einige Beiträge dazu.
Richtig wäre übrigens ’nicht perfekt‘ oder ‚unvollkommen‘. Ich werde mal darauf achten, wann ich das Wort im Alltag verwende, und dann schauen, ob ich es zukünftig ersetze – oder auch nicht. In meinem Podcast habe ich es ganz sicher an der ein oder anderen Stelle verwendet.
letzte Aktualisierung am 02. August 2025
Diesen Blogartikel gibt es auch zum Hören
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Podigee. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenInhaltsverzeichnis
Perfekt muss nicht perfekt sein
Heute soll es nicht um perfekt oder unperfekt gehen, sondern um Perfektion.
In meiner Podcastfolge Nummer 39 habe ich über Perfektionismus gesprochen. Darüber, dass das ganz schön anstrengend sein kann – und dass es gerade bei Ordnung gar nicht immer das Ziel ist, perfekt ordentlich zu sein.
Viel besser ist in meinen Augen eine alltagstaugliche Ordnung, die in Teilen eben auch mal unperfekt – also unvollkommen – sein darf. In anderen Teilen aber eben auch perfekt. Das widerspricht sich übrigens nicht, denn Perfektion bezieht sich immer nur auf einzelne Bereiche. So kann es sein, dass ein Bereich super ordentlich ist und ein anderer (noch) überhaupt nicht.
Zwei Begriffe – zwei Welten
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Perfektionismus und Perfektion?
Perfektionismus verbinde ich mit etwas Negativem, wohingegen ich Perfektion mit etwas Positivem verbinde. Laut Duden bedeutet Perfektionismus ein übertriebenes Streben nach Perfektion. Wohingegen Perfektion die höchste Vollendung in der Beherrschung oder vollkommene Meisterschaft bedeutet.
Bei Perfektion werden auch die Synonyme Bravour, Brillanz und meisterhaftes Können genannt. Auch das finde ich schöne Bedeutungen.
Ein Blick hinter die Kulissen der Spitzenküche
Mal ganz unabhängig von Ordnung: Ich habe vor ein paar Wochen eine tolle Dokumentation im Fernsehen entdeckt – besser gesagt in der Mediathek.
Ich liebe ja Dokus und schaue die viel lieber als Filme. Einfach, weil es echt ist. Ich mag es, zu sehen, wie andere Menschen leben oder arbeiten. Einen Blick hinter die Kulissen bekommen.
Die Doku heißt „Am Pass – Geschichten aus der Spitzenküche“. Am Pass ist übrigens die Stelle in der Küche, an der das Essen final angerichtet wird und dann vom Service zum Gast gebracht wird. Ich hatte die Doku vorher nicht gekannt, obwohl die erste Staffel schon Anfang 2022 rausgekommen ist und die fünfte Staffel dieses Jahr im April.
In jeder Folge geht es um einen Sternekoch oder eine Sterneköchin. Es wird gezeigt, wie sie in ihren Küchen und mit ihren Teams das Essen entwickeln oder erfinden, vorbereiten, zubereiten und anrichten. Die Sterneköche werden interviewt und erzählen, wie lange sie schon kochen, wie sie damals zum Kochen gekommen sind und was Kochen für sie bedeutet.
Ich liebe diese Doku und habe schon einige Folgen angeschaut. Ich hab zum Glück noch ein paar und freu mich drauf, wenn ich mir zwischendurch 30 Minuten Zeit für eine Folge nehme.
Perfektion als gelebte Begeisterung
Ich bin total fasziniert von dieser Doku. Von dieser Perfektion. Und das, obwohl ich selbst gar nicht gerne koche. Das ist auch nicht das, was mich an der Sendung fasziniert. Nur weil ich die Sendung schaue, bekomme ich trotzdem keine Lust, mich mit Kochen zu beschäftigen.
Ich finde es einfach nur toll und spannend zu sehen, mit welcher Begeisterung die Köche ihren Beruf leben. Es geht irgendwie gar nicht nur ums Kochen. Es geht um die Produkte – jeder hat seinen eigenen Stil, sein eigenes Thema, mit welchen Zutaten er kocht und mit welchen bewusst nicht.
Es geht darum, aus einfachen Produkten etwas ganz Besonderes zu machen. Etwas Neues. Gar nicht unbedingt nachkochen, sondern wirklich etwas Neues kreieren, entwerfen.
Neben dem Geschmack geht es auch um das besondere Anrichten und Präsentieren der einzelnen Gänge. Es geht um Kreativität. Es ist ein bisschen wie Kunst – nur dass das Ergebnis in dem Sinn nicht so nachhaltig ist, als würde ein Künstler ein Bild malen oder ein Schreiner ein Möbelstück herstellen.
Nachhaltig ist das Essen schon – als besonderes Erlebnis für den Gast. Als Sternekoch darf das Kunstwerk jeden Tag wieder neu entstehen.
Mein eigenes Meisterwerk: Die Um-Setz-Kästchen
Ein bisschen erinnert mich die Doku an meine 128 Um-Setz-Kästchen. Auch da entsteht gerade etwas Besonderes. Etwas Eigenes. Etwas in meinem Stil.
Wenn ich das Heft jemandem zeige, sage ich manchmal dazu, dass es mein Meisterstück ist. So fühlt es sich für mich persönlich an. Weil ich weiß, wie viel Wissen und Erfahrung darin steckt. Und auch, weil ich etwas habe, was ich in der Hand halten und zeigen kann.
Irgendwie schon anders, als nur beispielsweise Teile in verschiedenen PowerPoint-Präsentationen zu haben oder nur als Gedanke im Kopf.
Ja, mein Meisterstück ist noch nicht fertig. Es entsteht gerade. Aber es ist bereits weit genug, um damit zu arbeiten, es zu verwenden.
Und tatsächlich macht es den Austausch mit anderen noch besser. Erst so finde ich heraus, was wirklich passt und was ich noch verändern darf. Es ist ein schöner Prozess.
Wenn Zweifel mitmischen: Der schmale Grat
Und ja, hier mischt sich Perfektion mit Perfektionismus. Zumindest bei mir und ich denke auch in der Sterneküche wird Perfektionismus eine Rolle spielen.
Bei mir waren gerade am Anfang die Zweifel groß: Ob die Um-Setz-Kästchen überhaupt gut werden können. Ob die Umsetzung nicht unendlich lange dauert. Ob die Um-Setz-Kästen am Ende überhaupt jemand interessiert.
Ich behaupte ja, dass ich auch Anfang des Jahres schon viel über Ordnung wusste. Erst mit der Erstellung der Um-Setz-Kästchen habe ich selbst nochmal so unglaublich viel Klarheit darüber bekommen. Einfach deshalb, weil alle Themen in den 128 Kästchen einen so klaren Platz haben und die Zusammenhänge zu erkennen sind. Übrigens ganz egal, bei welchem Thema man anfängt – die Reihenfolge der Um-Setz-Kästchen ist sehr individuell.
Da alles miteinander vernetzt ist, behält man in jedem Fall den Überblick. Ich habe es geschafft, all mein Wissen und und meine Erfahrungen rund um Ordnung und Organisation in 128 Kästchen zu packen. In dem Sinn habe ich endlich für alles den passenden Platz gefunden.
Zurück zum Perfektionismus: Es geht darum, die Zweifel auszuhalten – dem Perfektionismus nicht zu viel Raum zu geben.
Was genau ist der Unterschied zwischen Perfektionismus und Perfektion? Perfektionismus erzeugt Druck und verhindert, dass wir überhaupt anfangen. Perfektion ist das, was aus Begeisterung und Dranbleiben auf dem Weg von selbst entstehen darf.
Perfektion entsteht durch tun, nicht durch Planen
Was ganz entscheidend ist, um etwas richtig gut zu können, ist die Umsetzung. Das Tun.
Das lässt sich auf jeden Bereich übertragen – egal ob Beruf oder Hobby. Und sogar aufs Laufenlernen als Kind.
Egal, ob als Ordnungsexpertin, Köchin, Künstlerin, Schreinerin, Sportlerin usw.: Niemand kann nur durch Lesen, Zuschauen oder Planen ein Profi werden. Viel entscheidender ist das Umsetzen. Das Ausprobieren. Das Fehler-Machen. Das Sammeln von eigenen Erfahrungen.
Einfach zu starten – ohne den Anspruch zu haben, von Anfang an alles perfekt zu machen.
Wie habe ich vorhin geschrieben: Lieber unperfekt starten, als perfekt zu warten.
Das Gute ist: Mit jeder Wiederholung wird es besser. Ganz automatisch. Bis es irgendwann vielleicht perfekt ist. Und wenn nicht, macht es auch nichts.
Es geht nicht darum, in jedem Bereich perfekt zu sein – sondern in den Bereichen, die einem liegen, die einem Spaß machen.
Ich bin der Meinung, dass Perfektion nur in ganz wenigen Bereichen unseres Lebens eine Rolle spielen sollte. Nicht alles muss perfekt sein. Und nicht alles kann es auch.
Es geht darum, die Themen zu finden, die einem wirklich wichtig sind – und genau dort mit Hingabe und Ausdauer besser zu werden. Aber eben nicht überall.
Wo bremst dich Perfektionismus? Wo trägt dich Perfektion?
Spiel gerne mal mit den beiden Begriffen: Perfektion und Perfektionismus.
Beobachte in deinem Alltag, wo dich dein Perfektionismus vielleicht bremst – und wo dir echte Perfektion wichtig ist. Wo willst du wirklich besser werden? Und wo darf es einfach gut genug sein?
Ordnung darf im Hintergrund wirken
Und um zum Schluss nochmal den Bogen zur Ordnung zu spannen:
Ich habe die Folgen über die Sterneköche übrigens nicht mit dem Blick auf Ordnung angeschaut. Nicht darauf, wie ordentlich die Küche ist oder wie die Abläufe organisiert sind. Das war einfach selbstverständlich und hat keine besondere Rolle gespielt.
Und genau so darf Ordnung auch bei dir sein: Im Hintergrund, ganz leise, ganz selbstverständlich.
Es geht nicht darum, dass Ordnung plötzlich im Mittelpunkt deines Lebens steht. Es geht nicht darum, von „unordentlich“ zu „Ordnungsprofi“ zu werden.
Es geht darum, Platz zu schaffen – für das, was du gut kannst, für das, was dir wichtig ist.
Wenn wir zusammenarbeiten, dann geht es darum, die Altlasten zu bearbeiten, Klarheit zu schaffen und eine einfache Ordnung herzustellen. Ganz individuell.
Damit wieder Raum da ist – in echt und im Kopf – für das Wesentliche. Für das, was Freude macht. Für das, worin vielleicht auch deine Perfektion steckt.
